Vorbemerkung

Die aktuellen regulatorischen Entwicklungen, welche Unternehmen hinsichtlich des Schutzes von Hinweisgebern beachten müssen, sorgen bei Unternehmen in Deutschland, als auch bei Unternehmen in der EU für Fragen und Unsicherheiten. Die wesentlichen Fragen wollen wir im Nachfolgenden beantworten und somit die Unsicherheiten reduzieren.

Die Grundlage des Hinweisgeberschutzgesetzes (HinschG) ist in der europäischen Hinweisgeberschutz-Richtlinie (Richtlinie (EU) 2019/1937 des europäischen Parlaments und Rates vom 23. Oktober 2019 zum Schutz von Personen, die Verstöße gegen das Unionsrecht melden) zu suchen. Diese Normen definieren, welche Anforderungen und Erwartungen die internationale Gemeinschaft hinsichtlich des Hinweisgeberschutzes haben.

Um den Schutz von Hinweisgebern in Deutschland zu verbessern, haben Unternehmen gemäß dem HinschG mindestens eine interne Meldestelle einzurichten, an die sich alle hinweisgebenden Personen wenden können.

Notwendigkeit einer Gesetzgebung?

Bereits 2019 wurde die europäische Hinweisgeberschutz-Richtlinie verabschiedet. Deutschland und die Bundesregierung hatten bis 17. Dezember 2021 Zeit, die EU-Richtlinie in nationales Recht umzusetzen, was nicht geschehen ist. Daher hat die EU am 15. Juli 2022 gegen Deutschland ein Vertragsverletzungsverfahren eingeleitet. Die Bundesregierung hat daraufhin ein Gesetzesentwurf präsentiert, der jedoch vom Bundesrat gestoppt wurde. Erst im zweiten Anlauf hat das Gesetz die parlamentarischen Hürden genommen und wird wohl noch im Juni 2023 veröffentlicht.

Welche Unternehmen sind betroffen?

§ 12 Abs. 2 HinschG sieht vor, dass alle Unternehmen mit regelmäßig mehr als 50 Beschäftigten direkt vom Gesetz tangiert sind. Unternehmen mit mehr als 50 und weniger als 250 Beschäftigte haben gemäß § 42 HinSchG eine Umsetzungsfrist bis 17. Dezember 2023.

Für Unternehmen mit 250 Beschäftigten oder mehr gilt das Gesetz seit 31.05.2023 nun unmittelbar nach dessen Inkrafttreten. Diese Unternehmen haben nun Zeit bis zum 02. Juli 2023 eine geeignete Hinweisgeberlösung einzuführen.

Interne oder externe Meldestelle?

Das Gesetz fordert von allen tangierten Unternehmen die Schaffung einer internen Meldestelle. Als interne Meldestelle für Hinweisgeber dürfen gemäß (§14 Abs. 1 HinSchG auch Dritte beauftragt werden, an die sich Hinweisgeber wenden können.

Bei Konzernen genügt eine Hinweisgeber Meldestelle für den gesamten Konzern.

Zusätzlich wird eine leicht zugängliche externe Meldestelle des Bundes beim Bundesamt für Justiz eingerichtet.

Welche Meldekanäle können genutzt werden?

Das Gesetz fordert von allen tangierten Unternehmen die Schaffung einer internen Meldestelle.

Diese kann als (nicht abschließend) folgende Kommunikationswege umfassen:

  • Hinweisgeber-Formular im Intranet des Unternehmens,
  • Kummerkasten,
  • telefonische Hotline,
  • interner oder externer Ombudsmann,
  • elektronisches Hinweisgebersystem mit der Möglichkeit anonym oder nicht anonym zu melden.

Welche Zugänglichkeit braucht ein Hinweisgebersystem?

Das Gesetz fordert von allen tangierten Unternehmen die Schaffung einer internen Meldestelle.

Das eingerichtete Hinweisgebersystem sollte für alle Hinweisgeber zugänglich sein. Das sind primär die Beschäftigten eines Unternehmens, jedoch können auch Lieferanten oder Kunden Hinweisgeber sein.

Anonym oder nicht anonym?

Egal, ob ein Melder anonym oder nicht anonym bleiben möchte, beim HinschG steht der Schutz der Identität der hinweisgebenden Person im Vordergrund. Das Hinweisgebersystem muss nicht zwingend anonyme Meldungen zulassen. Aufgrund der besonderen Voraussetzungen, die Meldungen vorausgehen, empfehlen wir jedoch einen anonymen Meldekanal anzubieten.

Schutz des Melders und Repressalien?

Das Hinweisgebersystem muss so ausgestaltet sein, dass nur diejenige Person die Identität des Melders kenne darf, welche die Meldung auch bearbeitet. Über alle Inhalte von Meldungen haben diese Personen stets Stillschweigen zu bewahren.

Kein Hinweisgeber darf aufgrund eines abgegebenen Hinweises bedroht oder in irgendeiner Weise Benachteiligt werden. Insbesondere verboten sind Aktionen, wie:

  • Kündigungen,
  • Versagen von Beförderungen,
  • Abmahnungen,
  • anderweitige Benachteiligungen,

wenn diese auf eine Meldung zurückzuführen sind.

Jedoch haben Hinweisgeber keine Narrenfreiheit. So können Hinweisgeber auch in bestimmten Fällen Schadenersatz gegenüber den drohenden oder benachteiligenden Mitarbeitern und dem Unternehmen selbst geltend machen.

Sollte sich herausstellen, dass Hinweisgeber vorsätzlich falsche Meldungen oder Anschuldigungen gegen andere Personen abgegeben haben (Instrumentalisierung des Meldewesens, um eigene, andere Ziele zu verfolgen), müssen sie ebenfalls mit arbeitsrechtlichen Konsequenzen, wenn nicht sogar mit strafrechtlichen Folgen, rechnen.

Welche Geldbußen sind bei Verstößen zu erwarten?

Bei allen möglichen Verstößen gegen das Hinweisgeberschutzgesetz handelt es sich um Ordnungswidrigkeiten, die mit einer Geldbuße bestraft werden.

Die Bußgelder reichen von wenigen tausend Euro bis hin zu 50.000 Euro.

Es gilt jedoch zu beachten, dass § 40 Abs. 6 S. 2 HinSchG auf § 30 Abs. 2 S. 3 OWiG verweist. Hiernach besteht die Möglichkeit, dass bei besonders schweren Vergehen die höchstmögliche Geldbuße für die im Gesetz aufgeführten Tatbestände auf das bis zu 10-fache des genannten Höchstbetrages erhöht werden kann.

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